Betriebsbedingte Kündigung

Genießt ein Arbeitnehmer allgemeinen Kündigungsschutz, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nur kündigen, wenn er einen Kündigungsgrund im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes vorweisen kann. Die betriebsbedingte Kündigung ist hierbei einer der drei anerkannten Kündigungsgründe. Das Bundesarbeitsgericht prüft das Vorliegen entsprechender Kündigungsgründe im Rahmen von drei Stufen:

  1. Dringende betriebliche Erfordernisse

  2. Fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers

  3. Fehlerhafte Sozialauswahl

Dringende betriebliche Erfordernisse

Obwohl der Gesetzgeber das geltende Arbeitsrecht als Arbeitnehmerschutzrecht gestaltet hat, soll hierdurch nicht auf den Kern der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit nach dem gesetzlichen Leitbild eingegriffen werden. Es gilt daher nach wie vor der Grundsatz der sogenannten freien Unternehmerentscheidung, der dazu führt, dass die Arbeitsgerichte nur in engen Grenzen die unternehmerische Entscheidung zur anderen Strukturierung des Unternehmens/Betriebes überprüfen dürfen. Die Überprüfungskompetenz beschränkt sich darauf, ob die Entscheidung offenbar unsachlich, unvernünftig, widersprüchlich, willkürlich oder inhaltlich überhaupt nicht tragfähig ist, insbesondere, ob die Maßnahme wirklich ein Beschäftigungsbedürfnis entfallen lässt. Entscheidend ist jeweils, ob es tatsächlich noch einen Beschäftigungsbedarf in dem Umfang des gekündigten Arbeitsverhältnisses gibt. Beispiele zulässiger dringender betrieblicher Erfordernisse sind daher

  • Outsourcingmaßnahmen

  • Rationalisierungsmaßnahmen mit Arbeitsverdichtung

  • Abbau von Personalüberhängen

  • Änderung der persönlichen Qualifikationsvoraussetzungen

Fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Die dringenden betrieblichen Erfordernisse müssen dazu führen, dass es eine weitere Beschäftigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers nicht mehr gibt. Der Arbeitgeber muss in diesem Zusammenhang darstellen, welche Tätigkeiten in welchem Umfang im Rahmen des Unternehmens anfallen und wie diese künftig aufgrund seiner neuen unternehmerischen Entscheidung erledigt werden sollen. Es kommt mithin auf den konkreten Bedarf an Arbeitskraft an, nicht auf unternehmerische Kennzahlen. Aus einem Umsatzrückgang von 30 % kann man daher nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht schlussfolgern, dass auch 30 % weniger Arbeitnehmer benötigt werden.

Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, die zur Unwirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung führt, kann auch dann angenommen werden, wenn es im Unternehmen eines anderen freien und vergleichbaren Arbeitsplatz gibt, den der zu kündigende Arbeitnehmer annehmen könnte und für den er hinreichend fachlich qualifiziert ist. Der Begriff des „ anderen freien Arbeitsplatzes“ ist dabei wörtlich zu nehmen, es handelt sich daher um einen real freien, „beschäftigungslosen“ Arbeitsplatz handeln, der Arbeitgeber ist hingegen nicht gezwungen, erst diesen Arbeitsplatz zu Lasten eines anderen Arbeitnehmers „frei zu kündigen“.

Sozialauswahl

Wiederum in drei Schritten prüft die Rechtsprechung, ob der Arbeitgeber eine ordnungsgemäße und fehlerfreie Sozialauswahl durchgeführt hat. Fehlerhaft ist die Sozialauswahl, wenn der Arbeitgeber unter einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer nicht den Arbeitnehmer gekündigt hat, der am wenigsten sozial schutzwürdig ist und nicht zu den sogenannten Leistungsträgern gehört.

1. Vergleichbarkeit

Im Rahmen eines ersten Schrittes muss geprüft werden, ob der Arbeitnehmer, dessen Kündigung erstrebt ist, mit anderen Kollegen vergleichbar ist. Dies ist anzunehmen, wenn die Kollegen aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse, insbesondere jedoch auf Basis des Arbeitsvertrages und ihrer Eingruppierung im Unternehmen dem zu Kündigenden ähnlich oder nahezu identisch sind. Vergleichbar sind also regelmäßig alle Kollegen, die die gleichen Tätigkeiten des zu kündigenden Arbeitnehmers in der betreffenden Abteilung ausüben. Nicht vergleichbar sind beispielsweise der Schichtleiter mit Weisungsbefugnis mit den Mitarbeitern der betreffenden Schicht oder der Buchhalter mit dem Außendienstmitarbeiter. Werden Arbeitnehmer für unterschiedliche Einzeltätigkeiten eingesetzt, kann der eine Arbeitnehmer aufgrund seiner Ausbildung und konkreten bisherigen Tätigkeit allerdings eine andere Tätigkeit eines Kollegen binnen kürzester Einarbeitungszeit von wenigen Tagen/Wochen in gleichlautender Weise erbringen, sind auch diese Arbeitnehmer miteinander vergleichbar. Man wird dies beispielsweise annehmen können bei zwei kaufmännischen Angestellten, von denen die eine bisher im Einkauf tätig war, die andere im Verkauf.

Die Vergleichbarkeit setzt zudem voraus, dass der Arbeitgeber überhaupt berechtigt ist, den betreffenden Arbeitnehmer auf einen anderen Arbeitsplatz verweisen zu können. Fehlt es an einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung, ist die Vergleichbarkeit bereits nicht mehr gegeben.

Schließlich sind bei der Vergleichbarkeit diejenigen Arbeitnehmer unberücksichtigt zu lassen, deren Arbeitsverhältnis aufgrund vertraglicher, tariflicher oder gesetzlicher Bestimmungen nicht beendbar ist, wie dies beispielsweise bei Schwangeren oder Betriebsräten der Fall ist.

2. Soziale Schutzwürdigkeit/engere Sozialauswahl

Steht fest, welche Arbeitnehmer mit den zu Kündigenden vergleichbar sind, muss innerhalb dieser vergleichbaren Arbeitnehmer eine Sozialauswahl getroffen werden, die letztlich dazu führt, dass das Arbeitsverhältnis des am wenigsten sozial schutzwürdigen aufgekündigt wird. Es gibt entgegen landläufiger Gerüchte allerdings insoweit kein festes Punkteschema. Bei der Sozialauswahl im engeren Sinne das Lebensalter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten sowie eine Schwerbehinderung ein.

3. Leistungsträger

von der Sozialauswahl ausgenommen sind sogenannte Leistungsträger. Dies sind Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten und Kompetenzen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur aus betrieblichen Interessen nicht verzichtbar sind. Leistungsträger ist dabei im Regelfall nicht der besonders fleißige oder effiziente Arbeitnehmer, sondern ein Arbeitnehmer, der im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Kollegen über Spezialkenntnisse verfügt, die das Unternehmen weiter zwingend benötigt.

Fazit

Erfahrungsgemäß häufig werden betriebsbedingte Kündigungen fehlerhaft ausgebracht, sei es, weil die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer nicht ausreichend berücksichtigt wurde, die eigentliche Sozialauswahl unzutreffend ist oder vergleichbare Arbeitnehmer als Leistungsträger bezeichnet werden, obwohl sie dies nicht sind.

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Kanzlei Bierganz