Abmahnung

Von einer Abmahnung spricht man, wenn der Arbeitgeber ein bestimmtes, vertragswidriges Fehlverhalten des Arbeitnehmers rügt und gleichzeitig darauf hinweist, dass im Falle der Wiederholung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht gezogen wird. Die Abmahnung ist daher der letzte Schritt vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung.

Schriftform

Entgegen anderslautenden Gerüchten muss eine Abmahnung nicht schriftlich erfolgen, es ist dem Grunde nach auch ausreichend, wenn die Abmahnung mündlich erfolgt. In der Praxis leiden mündliche Abmahnungen allerdings regelmäßig daran, dass zum einerseits die Abmahnung selbst kaum bewiesen werden kann, erst recht allerdings der Inhalt der Abmahnung meistens in Streit steht und die Ordnungsgemäßheit der Abmahnung dann durch den Arbeitgeber nicht bewiesen werden kann. Es empfiehlt sich daher, die Abmahnung schriftlich zu erteilen.

Funktion der Abmahnung

Durch die Abmahnung rügt der Arbeitgeber in Person eines Vorgesetzten ein bestimmtes, steuerbares und angemessenes Verhalten des Arbeitnehmers, zu dem der Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsvertrages nicht berechtigt ist. Dem Arbeitnehmer soll durch die Abmahnung hinreichend deutlich vor Augen geführt werden, sich wieder vertragsgerecht zu verhalten (sogenannte Hinweisfunktion), im Weiteren soll veranschaulicht werden, dass der Arbeitgeber bei weiteren gleichartigen Verstößen in der Zukunft das Arbeitsverhältnis beenden wird (sogenannte Warnfunktion). Regelmäßig ist vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung als sogenannte ultima ratio eine Abmahnung erforderlich.

Wirksamkeit der Abmahnung

Damit eine Abmahnung wirksam ist, müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen:

  1. Person des Abmahnenden

Eine Abmahnung kann nur durch einen Vorgesetzten oder einen zur späteren Kündigung Berechtigten ausgesprochen werden; es ist also beispielsweise nicht möglich, dass eine Abmahnung durch eine Buchführungskraft des Arbeitgebers erteilt wird, wenn diese Buchführungskraft nicht berechtigt ist, eine Kündigung auszusprechen. Abmahnungen erfolgen daher regelmäßig durch den Geschäftsführer, die Personalabteilung oder unmittelbare Vorgesetzte wie beispielsweise Schichtführer und Schichtleiter.

  1. Vertragswidriges Verhalten

Gegenstand der Abmahnung kann nur ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers sein, wobei in diesem Zusammenhang gleichgültig ist, ob es sich um eine sogenannte Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis handelt (insbesondere die Pflicht zur Arbeitserbringung) oder um eine sogenannte Nebenleistungspflicht (Treue- und Fürsorgepflicht). Ist der Arbeitnehmer zu einem bestimmten Verhalten allerdings berechtigt (der Arbeitnehmer erscheint beispielsweise nicht zur Arbeit, weil der Arbeitgeber mit zwei Monatsgehältern im Rückstand ist), kann das entsprechende Verhalten nicht abgemahnt werden. In der Praxis am häufigsten sind Abmahnungen wegen unentschuldigtem Fehlen, Nicht- einhaltung der Arbeitszeit, Nichtbefolgen von konkreten Arbeitsanweisungen, sowie Beleidigungen und (sexuell orientierte) Übergriffe auf Kollegen, Kunden oder Vorgesetzte.

  1. Konkretisierung des Fehlverhaltens

Wie bereits Eingangs dargestellt, soll dem Arbeitnehmer durch die Abmahnung hinreichend konkret vor Augen geführt werden, welches Verhalten der Arbeitgeber als Fehlverhalten auffasst und in Zukunft nicht weiter dulden wird. Für den Arbeitnehmer muss mithin deutlich und klar verständlich sein, welches Verhalten durch den Arbeitgeber im Wiederholungsfall mit einer Kündigung sanktioniert wird. Vor diesem Hintergrund ist es zwingend erforderlich, dass im Rahmen der Abmahnung das Fehlverhalten konkret bezeichnet und dargestellt wird durch Schilderung des entsprechenden Lebenssachverhaltes. Darüber hinaus muss die Abmahnung ebenso zwingend den Hinweis darauf enthalten, dass der Arbeitgeber im Wiederholungsfall das Arbeitsverhältnis aufkündigen wird.

  1. Verhältnismäßigkeit

Da die Abmahnung eine Vorstufe zum Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung ist, fordert die Rechtsprechung, dass nur ein relevantes und schwerwiegendes Fehlverhalten des Arbeitnehmers Gegenstand einer Abmahnung sein kann. Kleinste Verstöße können daher nicht Gegenstand einer Abmahnung sein.

Abmahnung und verhaltensbedingte Kündigung

Vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung muss im Regelfall vorher eine Abmahnung ausgesprochen worden sein, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, sich wieder vertragsgerecht zu verhalten. Die Abmahnung ist im Ausnahmefall nur dann entbehrlich, wenn das Fehlverhalten des Arbeitnehmers derart gravierend war, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter keinem Gesichtspunkt mehr zumutbar ist. Zu beachten ist allerdings, dass sich die spätere Kündigung hinsichtlich des Fehlverhaltens mit der zuvor erteilten Abmahnung decken muss. Erfolgt beispielsweise eine Abmahnung, weil der Arbeitnehmer grob fahrlässig im Betrieb ein Werkstor beschädigt hat, dann kann die Kündigung wegen künftiger verspäteter Hereinreichung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht auf die zuvor erteilte Abmahnung gestützt werden, da die Abmahnung einen ganz anderen Sachverhalt zum Inhalt hat. Mit anderen Worten: Abmahnung und spätere Kündigung müssen das gleiche Fehlverhalten seinem Wesen nach betreffen. Wird ein bestimmtes Fehlverhalten allerdings abgemahnt („Sie erschienen am 17.02. statt wie vorgesehen um 08:00 Uhr erst um 10:00 Uhr zur Arbeit und damit verspätet“), so kann wegen genau dieses Sachverhaltes (Arbeitszeitverstoß am 17.02.) nicht später eine Kündigung ausgesprochen werden. Ist ein ganz konkreter Lebenssachverhalt einmal abgemahnt worden, schränkt der Arbeitgeber seine Sanktionsfähigkeiten auf eben jene Abmahnung ein. Wie oben ausgeführt dient die Abmahnung dazu, den Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, dass ein bestimmtes Fehlverhalten nicht toleriert wird und er bei weiterem Fehlverhalten mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechnen muss. In der Praxis ist häufig eine Tendenz von Arbeitgebern vorzufinden, eine Vielzahl von Abmahnungen auszusprechen, um „vor Gericht auf der sicheren Seite zu sein“. Gut gemeint ist in diesem Zusammenhang allerdings nicht immer gut gemacht: Wer als Arbeitgeber beispielsweise sieben Abmahnungen ausspricht, könnte damit auch zum Ausdruck bringen, dass er bezüglich der Arbeitsverstöße seines Mitarbeiters eine hohe Toleranzschwelle hat und die Androhung der Kündigung nicht wirklich ernst gemeint ist. In derartigen Fällen kann es daher geschehen, dass die Arbeitsgerichte die Ernsthaftigkeit der Abmahnungen anzweifeln und die später erfolgte Kündigung dann für unwirksam erachten.

Handlungsmöglichkeiten gegen eine Abmahnung

Niemand ist verpflichtet, gegen eine Abmahnung vorzugehen. Nach der einschlägigen Rechtsprechung akzeptiert derjenige, der eine Abmahnung bloß entgegennimmt, damit nicht auch ihre inhaltliche Richtigkeit. Dementsprechend kann ein Arbeitnehmer sich gegen eine Abmahnung wehren, er muss dies zur Wahrung seiner Rechte allerdings nicht zwangsläufig tun. Entschließt sich ein Arbeitnehmer, gegen die Abmahnung vorzugehen, so kann er einerseits eine sogenannte Gegenvorstellung beim Arbeitgeber einreichen, also eine schriftliche Erklärung, aus welchen Gründen die Abmahnung nicht gerechtfertigt ist; diese Gegenvorstellung muss dann zur Personalakte genommen werden. Der Arbeitnehmer kann sich allerdings auch entschließen, notfalls gerichtlich die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte zu verlangen. Der Arbeitgeber muss die Abmahnung aus der Personalakte entfernen, wenn die Abmahnung zu Unrecht erteilt wurde und damit rechtswidrig ist. Regelmäßig wird man spätestens nach einer Frist von 2-3 Jahren annehmen können, dass der Arbeitnehmer sich wieder vertragsgemäß verhält, sodass dann wegen bloßen Fristablaufes die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen ist.

Fazit

Auf Arbeitgeberseite empfiehlt es sich regelmäßig, vor Ausspruch einer Abmahnung eine kurze anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen, da eine formal oder materiell unwirksam erteilte Abmahnung die später wegen eines gleichlautenden Sachverhaltes erfolgte verhaltensbedingte Kündigung nicht mehr stützt. Stellt das Arbeitsgericht im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens fest, dass die zuvor erteilte Abmahnung unwirksam war, wird es die Kündigung wegen fehlender Abmahnung regelmäßig ebenso aufheben. Mit anderen Worten: Ein kleiner Fehler in der Abmahnung kann später dazu führen, dass eine an sich wirksame Kündigung scheitert.

Auf Arbeitnehmerseite muss geprüft werden, ob und in welchem Umfang gegen die Abmahnung vorgegangen wird. Denn nicht in jedem Fall ist es alleine schon aus Rechtsgründen sinnvoll, gerichtlich die Entfernung der Abmahnung zu verlangen. Da nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes der Inhalt einer Abmahnung auch noch nach zwei Jahren angegriffen werden kann, kann es gegebenenfalls taktisch sinnvoller sein, die Unwirksamkeit der Abmahnung im Rahmen eines späteren Kündigungsschutzprozesses geltend zu machen. Darüber hinaus muss abgeklärt werden, ob im Hinblick auf das Betriebsklima eine streitige Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber für die weitere Fortexistenz des Arbeitsverhältnisses sinnvoll ist oder nicht.

Kontaktieren Sie uns, wir beraten Sie gerne!

Kanzlei Bierganz